Christina Wittek begrüßt die Teilnehmenden live und am Bildschirm auf der hybriden Fachveranstaltung

Christina Wittek begrüßt die Teilnehmenden live und am Bildschirm auf der hybriden Fachveranstaltung

© Exportinitiative Energie

2020 war ein ereignisreiches, herausforderndes Jahr, das vor allem von der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Reise- und Kontaktbeschränkungen bestimmt war. Wie haben Sie als Leiterin des Referats Exportinitiative Energie das Jahr erlebt?

Es war wie ein Weck-Ruf. Bis dahin war alles eingespielt: Die ganzen Maßnahmen, alle Module waren gut aufgestellt – und plötzlich war alles anders. Als im März die Ankündigung des Lockdowns kam, haben wir uns natürlich sofort gefragt: Was machen wir jetzt mit der Exportinitiative, die im Kern auf Geschäfts- und Kontaktanbahnung für deutsche kleine und mittlere Unternehmen angelegt ist? Und genau das, was dabei so wichtig ist – die persönliche Kontaktaufnahme – war plötzlich nicht mehr möglich.

Was ist dann passiert?

Wir haben uns umgehend mit unseren Durchführern zusammengesetzt, um zu überlegen: Was können wir jetzt eigentlich machen? Es war allen von vornherein klar, dass wir nicht die Hände in den Schoß legen und abwarten können, was passiert, sondern dass wir etwas machen müssen. Wir waren schnell davon überzeugt, dass wir auch etwas tun können. Informationsveranstaltungen z. B. können sehr gut online durchgeführt werden und Geschäftsreisen sollten unbedingt stattfinden. Also haben wir uns ein grobes Konzept überlegt und gesagt, damit starten wir. Sehr beeindruckend fand ich, mit welchem Engagement alle daran gegangen sind, tatsächlich etwas nach vorne zu bringen. Dieses Zusammenwirken, Zusammenhalten, an einem Strang ziehen war eine ungemein gute Erfahrung – ob das jetzt die Geschäftsstelle betrifft, die Durchführer oder die Auslandshandelskammern.

Die Exportinitiative Energie hat bereits zu Beginn des Lockdowns Online-Veranstaltungen angeboten.

Nur 14 Tage nach unserem Treffen mit den Durchführern wurden die ersten Geschäftsreisen Ende März virtuell durchführt. Die Auslandshandelskammern und die Consultants haben das sensationell gemeistert, obwohl sie bis dahin noch keine Erfahrungen mit Online-Veranstaltungen hatten! Obwohl der eigentliche Anlass traurig war, hat diese große Herausforderung auch neuen Schwung in die Exportinitiative gebracht und gezeigt, dass man auch in dieser Zeit für deutsche Unternehmen etwas tun kann.

Geschäftsreisen und Informationsveranstaltungen haben gut online funktioniert – bei welchem Format waren Sie eher skeptisch?

Man lernt im Laufe der Zeit dazu. Im Sommer haben die Consultants Konzepte auch für Informationsreisen vorgestellt und wir beschlossen, auch diese online durchzuführen. Das konnten wir uns anfangs nicht vorstellen, weil wir Zweifel hatten, ob die deutschen Unternehmen bereit wären, mit der Kamera durch die eigenen Anlagen zu gehen. Aber die Bereitschaft war erstaunlich groß und es hat schließlich ganz gut geklappt. Die anfänglichen Versuche waren noch nicht so überzeugend, aber von Mal zu Mal wurde es besser. Und die Zahl der ausländischen Teilnehmer war höher als normal. Im Projektentwicklungsprogramm wurden die German Training Weeks für die Bereiche Projektentwicklung oder Solartechnologie nach entsprechenden Konzeptänderungen online realisiert. Das ist nun eine etwas andere Veranstaltung als vorher: Vorher dauerte sie eine Woche, jetzt geht es über einen Monat. Diese Training Weeks werden sowohl von deutschen Unternehmen als Trainer als auch von den Teilnehmern im Zielland sehr gut angenommen. Unsicher war außerdem, wie das Renewable-Energy-Solutions(RES)-Programm weiterlaufen kann. Aber auch hier konnte die dena viele Gespräche – auch im Ausland – erfolgreich online führen und die Projekte voranbringen. Aufgrund der Corona-Beschränkungen konnten Anlagen natürlich teilweise nicht installiert oder geliefert werden, aber letztlich wurden die Projekte nur verzögert. Keines musste bisher aufgrund der Pandemie aufgegeben werden.

Wie haben die Unternehmen auf die veränderten Formate reagiert? Was hat sich für sie coronabedingt geändert?

Die Veranstaltungen, die wir trotz der Pandemie angeboten haben, kommen gut an. Die Unternehmen nehmen es nicht nur gerne an, sondern sind auch dankbar dafür, dass wir etwas machen und sie die Zeit sinnvoll nutzen können. Die Vertriebler beispielsweise würden sonst kaum etwas unternehmen können. Durch die Online-Geschäftsreisen und Informationsveranstaltungen können sie sich über Märkte informieren, potenzielle Partner kennen lernen und Geschäftskontakte knüpfen - eine gute Vorbereitung für die Zeit nach der Pandemie. Die Herausforderung für die Unternehmen besteht dann allerdings darin, diese Kontakte über einen ungewissen Zeitraum aufrechtzuerhalten.

Die Online-Veranstaltungen der Exportinitiative Energie

Seit März auch online: die Veranstaltungen der Exportinitiative Energie

© Unsplash - Chris Montgomery

Welche Vorteile haben Online-Veranstaltungen?

Einige! Sie sind kostengünstiger. Bei den Online-Geschäftsreisen und -Informationsver-anstaltungen fallen z. B. keine Raummieten und Bewirtungskosten an. Für die Unternehmen fallen keine Reisekosten an. Eine Geschäftsreise kostet die Unternehmen normalerweise 7.000 bis 10.000 Euro, je nachdem, wie viele Gespräche sie führen und wie viele Reisen sie dafür im Land machen. Außerdem haben wir den normalerweise zu zahlenden Eigenbeitrag für die Zeit der coronabedingten Reisebeschränkungen ausgesetzt. Die Unternehmen haben zudem einen wesentlich geringeren zeitlichen Aufwand. Durch die Online-Formate können sie viel spontaner mitmachen. Das hat dazu geführt, dass deutlich mehr Unternehmen an den Veranstaltungen teilnehmen als vorher. Auch bei den German Training Weeks sehe ich Vorteile: Die Teilnehmer können sich durch die zeitliche Streckung mit den Unterrichtsmaterialien viel gründlicher vorbereiten und ganz gezielt Fragen stellen. Dadurch ist die Schulung möglicherweise sogar intensiver und ergiebiger geworden. Was jedoch bei allen Online-Veranstaltungen von den Unternehmen immer wieder schmerzlich vermisst wird, ist das Networking.

Ist das der entscheidende Nachteil dieser Formate?

Ja. Ob von den Unternehmen, den Verbänden, den Durchführern oder den Auslandshandelskammern – alle vermissen dieses Networking, das in den Pausen stattfindet, nach der Veranstaltung und immer wieder zwischendurch. Man trifft Behördenvertreter oder andere interessante Personen. Das fällt jetzt alles weg, und das macht es schwieriger. Geschäftsanbahnung, Kontaktaufnahme und Markterkundung funktionieren wunderbar, dafür kann die aktuelle Zeit gut genutzt werden. Aber die Geschäftsabschlüsse kommen nicht so leicht zustande, weil sie oft den persönlichen Kontakt erfordern. Es gibt positive Ausnahmen, beispielsweise sind vereinzelt Geschäftsabschlüsse zustande gekommen oder Angebote von einem deutschen Konsortium im Rahmen der Unterstützung der Konsortialbildung abgegeben worden. Doch den erfolgreichen Abschluss bekommt man in aller Regel nur persönlich hin; das ist die traurige Erkenntnis. Alles in allem sind die Online-Veranstaltungen aber eine echte Erfolgsgeschichte.

"Konsortialbildung ist ein wichtiger Meilenstein"

Was war für Sie ein besonderes Highlight?

Es gibt ganz viele kleine Highlights: Jede Online-Veranstaltung, die zum ersten Mal erfolgreich durchgeführt wurde, ist eines. Aber eine war herausragend: Gleich die dritte Online-Veranstaltung Ende März, eine Geschäftsreise nach Chile zum Thema Wasserstoff mit fast 500 ausländischen Teilnehmern! Die Zuschauer kamen aus der ganzen Welt - unter anderem Afrika, Osteuropa, Nordamerika. Ein voller Erfolg! Das lag am Thema, an der Vorbereitung, der Moderation – da stimmte alles, grandios! Dieser Trend konnte sich in der Größenordnung zwar nicht fortsetzen, aber es sind immer noch mehr Teilnehmer als bei Präsenzveranstaltungen festzustellen.

Welche Highlights gab es abseits der neuen Online-Formate?

Für mich ist die Konsortialbildung ein wichtiger Meilenstein für die Exportinitiative. Dieses Thema liegt mir sehr am Herzen, weil es eine ganz wichtige, zukunftsorientierte Unterstützungsmaßnahme ist. Nachgefragt werden im Ausland zunehmend Systemlösungen, die ein einzelnes kleines oder mittleres Unternehmen - oft Zulieferer von Einzelteilen – nicht bieten kann. Dies können sie nur als Teil eines Unternehmenszusammenschlusses. Wir haben die Unterstützung der Konsortialbildung zunächst als Pilotprojekt eingeführt und sie hat sich bewährt. Die Unternehmen, die teilgenommen haben, sind nicht nur sehr zufrieden, sondern regelrecht begeistert. Wir nehmen sie stark an die Hand. Es ist eine teure Maßnahme für die Exportinitiative, aber sie lohnt sich. Denn alle die, die schon einmal an dieser Maßnahme teilgenommen haben, werden unabhängig von dem konkreten Konsortialprojekt die gemachten Erfahrungen für die Zukunft mitnehmen. Wir werden die Unterstützung der Konsortialbildung deshalb zukünftig als Standardmaßnahme etablieren. Wichtig war außerdem der Relaunch unserer Website. Das war eine notwendige und - wie ich finde – sehr gelungene Verbesserung für die Nutzerfreundlichkeit. Mir gefällt auch das moderne Design. Insgesamt sind die zahlreichen Angebote der Exportinitiative leichter zugänglich geworden. Die Geschäftsstelle der Exportinitiative hat das toll gemacht.

FVA Finanzierung

Stimmungsvolle Location und viel Platz, um Abstand zu halten: Die Fachveranstaltung wurde aus dem Umweltforum in Berlin übertragen

© BMWi

Eine spannende Erfahrung war auch die diesjährige Fachveranstaltung zum Thema Finanzierung, die als Hybrid-Format durchgeführt wurde. Das neue Jahr wird teilweise sicher auch noch im Zeichen der Pandemie stehen – ist das ein Format für die Zukunft?

Das ist noch nicht final entschieden. Unsere Fachveranstaltung war im Rahmen des Möglichen gut besucht. Die Leute waren glücklich, dass sie nach Monaten endlich wieder persönliche Gespräche führen konnten. Im Hintergrund waren auch viele Online-Teilnehmer dabei. Für den nächsten Tag hatten wir für diese Teilnehmer virtuelle Expertenrunden organisiert, die auch nach der physischen Fachkonferenz angeboten wurden. Die Online-Expertenrunden sind aber leider trotz des schönen Tools, das wir genutzt haben, nicht so gut angenommen worden. Wenn man sich informieren will, ist eine Hybrid-Veranstaltung eine wunderbare Sache, aber ob sich der Arbeits- und Kostenaufwand für ein Networking lohnt, ist fraglich. Ich tendiere dazu, zukünftig eher darauf verzichten.

"Mithilfe der Exportinitiative Energie kann man sich gut auf die Zeit nach Corona vorbereiten"

Apropos Unternehmer – was möchten Sie den kleinen und mittleren Unternehmen aus der Branche klimafreundlicher Energielösungen nach diesem besonderen Jahr 2020 für das nächste Jahr mit auf den Weg geben?

Durchhalten. Nicht nachlassen. Mitmachen. An die Zukunft glauben. Mithilfe der Exportinitiative Energie kann man sich gut auf die Zeit nach Corona vorbereiten. Dafür sind unsere Online-Formate ganz hervorragend geeignet. Das ist das Entscheidende. Wenn man mit unseren Formaten beispielsweise Geschäftskontakte geknüpft hat, ist außerdem wichtig, dass man dranbleibt und versucht, diese Kontakte am Leben zu erhalten. Dafür ist eine Online-Video-Konferenz zu zweit, zu dritt oder mit mehreren ein gutes Tool, um zu zeigen: Hey, wir sind noch da und interessiert! Insgesamt heißt es also: Durchhalten, weitermachen und Kopf hoch.

Das Gespräch führten Carolin Wilewski und Veronika Hönes von der Geschäftsstelle der Exportinitiative Energie im BMWi.

Technologieschwerpunkte, Marktausblicke, kommende Highlights: Lesen Sie im zweiten Teil unseres großen Interviews mit Christina Wittek im Januar, wie es 2021 weitergeht und welche Chancen sich für Sie im Rahmen der Exportinitiative Energie bieten.