Der Tunesier Sofiane Kallel hat mithilfe des Managerfortbildungsprogramms Kontakt und Know-How zu klimafreundlichen Energielösungen "made in Germany" aufbauen können Bild vergrößern

© Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH

Der Werdegang von Sofiane Kallel ist eng mit Deutschland verknüpft. Nach dem Abitur studierte der Tunesier in Karlsruhe Informatik und erprobte sich schon mit 29 Jahren erfolgreich als Unternehmensgründer. Seine erste Firma eröffnete er nach seiner Rückkehr nach Tunesien als Dependance eines deutschen IT-Unternehmens. Einige Jahre später gründete er einen Automobilzulieferer-Betrieb. 2011 wandte er sich den erneuerbaren Energien zu und streckte auf Messen in Deutschland und Europa seine Fühler für den Aufbau eines eigenen Unternehmens aus.

Das Managerfortbildungsprogramm bereitet ausländische Führungskräfte auf die Geschäftsanbahnung und Wirtschaftskooperation mit deutschen Unternehmen vor. Das Interview wurde von der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) geführt, welche das Managerfortbildungsprogramm koordiniert.

GIZ: Herr Kallel, Sie haben im Juni 2014 am Managerfortbildungsprogramm in Deutschland teilgenommen. Was hat Sie dazu bewogen? Sie kennen sich doch bereits sehr gut auf dem deutschen Markt aus!

Sofiane Kallel: Ich habe an einem Programm mit Schwerpunkt „Erneuerbare Energien“ teilgenommen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich – zusammen mit einem Geschäftspartner – gerade ein Unternehmen für den Vertrieb und die Installation von Photovoltaik-Anlagen gegründet. Nach meinen vorherigen Unternehmensgründungen lockte mich die „grüne Energie“. Das Programm passte vom Thema her perfekt zu unserem Projekt, die Firma zu einem produzierenden Unternehmen auszubauen. In Deutschland suchte ich Kontakt zu Zulieferern von Komponenten und zu Maschinenbauern. Von unschätzbarem Wert war aber auch das spezielle Know-how, das wir im Bereich Erneuerbare Energien vermittelt bekamen. Denn als Neueinsteiger in der Branche bin ich immer dankbar für Fachwissen. Und Deutschland als Vorreiter beim Ausbau der erneuerbaren Energien ist eine gute Quelle der Inspiration.

Konnten Sie das Programm nutzen, um neue Geschäftskontakte aufzubauen?

Ich habe mir auf der Intersolar, der weltweit führenden Fachmesse der Solarwirtschaft in München, viele Firmen angesehen und zahlreiche Kontakte während des Managerfortbildungsprogramm geknüpft. Aber natürlich wird nicht aus jedem Kontakt etwas, es passt ja auch nicht immer. Ich hatte übrigens auch schon vor meiner Firmengründung den Markt sondiert. Und währenddessen den Maschinenbauer Wemhöner Surface Technologies GmbH & Co. KG kennengelernt, der eine Maschine für den Aufbau unserer Fabrik geliefert hat. Das ist eine Anlage, um Photovoltaikmodule zu laminieren. In die haben wir 300.000 Euro investiert. Durch das Managerfortbildungsprogramm habe ich dann die Krannich Solar GmbH und Co. KG kennengelernt, einen Großhändler für Solarmodule, mit dem wir einen Vertrag in Höhe von rund 200.000 Euro über die Lieferung von Wechselrichtern abgeschlossen haben. Seit gut einem Jahr produzieren wir nun selbst und haben dafür ein eigenes Unternehmen gegründet, das mein Geschäftspartner leitet – Shams Technology.

Der Tunesier Sofiane Kallel hat mithilfe des Managerfortbildungsprogramms Kontakt und Know-How zu klimafreundlichen Energielösungen "made in Germany" aufbauen können

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Wie entwickelt sich der Markt für erneuerbare Energien in Tunesien?

Die Situation ist sehr vielversprechend. Gerade ist ein neues Einspeisegesetz in Kraft getreten, das die Rahmenbedingungen für die Einspeisung von Energie in das Netz des staatlichen Energieversorgers „Steg“ regelt. Damit ist der Markt für unabhängige Versorger eröffnet und das wiederum bietet uns als Produzent und Installateur von Solaranlagen große Chancen. Bislang durfte man Solarenergie nur für den Eigenbedarf produzieren. Ich selbst habe mir übrigens 2010 als einer der ersten in Tunesien eine Photovoltaikanlage auf dem Dach installiert. Bis 2030 soll nach nationalem Plan der Anteil der erneuerbaren Energien in der Stromerzeugung auf 30 Prozent steigen. Ein ambitionierter Plan, vor allem wenn man bedenkt, dass 2013 noch über 90 Prozent unseres Stroms aus Erdgas gewonnen wurde. Sie sehen, was hier für ein Potential steckt.

Wie sind Ihre Geschäftserwartungen?

Für 2017 gehen wir von 200 Installationen bei einem Umsatz von einer Million Euro aus. Das ist eine Umsatzsteigerung von 100 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Als wir 2014 anfingen – das Jahr, in dem ich am Managerfortbildungsprogramm teilgenommen habe – hatten wir gerade einmal 25 Installationen! Für den Verkauf unserer selbstproduzierten Photovoltaik-Module erwarten wir in diesem Jahr eine halbe Million Euro Umsatz. Den Großteil der Module verkaufen wir, rund 15 Prozent installieren wir selbst im Auftrag von Kunden.

Wer sind denn Ihre Kunden?

Bislang haben wir nur für Privatpersonen installiert, das lag an den obengenannten rechtlichen Rahmenbedingungen. In Zukunft wird sich der Markt ausweiten in Richtung unabhängige Energieversorger und Firmenkunden. Wir wollen unsere Module auch exportieren. Als nächstes wollen wir nach Ägypten. Das Managerfortbildungsprogramm hat mir übrigens sehr dabei geholfen, diesen Schritt vorzubereiten bzw. überhaupt beim Aufbau der Produktion.

Inwiefern hat Ihnen das Managerfortbildungsprogramm dabei geholfen?

Ich habe während meiner Fortbildung viele deutsche Firmen von innen besichtigt und durfte ihnen dabei in die Karten schauen. Da habe ich mir viel abgeguckt, was moderne Unternehmensführung, internationale Zertifizierungen und den Aufbau von Exportabteilungen angeht. Ich glaube, ohne diesen Einblick wäre es mir nicht so gut gelungen, eine eigene Produktion zu starten und mein Unternehmen so professionell aufzustellen. Meine vorherigen Unternehmensgründungen waren im Bereich Dienstleistungen und Handel. Das produzierende Gewerbe war Neuland für mich. Und wo lernt man besser als bei einer der führenden Exportnationen?

Lieber Herr Kallel, vielen Dank für das Gespräch!

Der Tunesier Sofiane Kallel hat mithilfe des Managerfortbildungsprogramms Kontakt und Know-How zu klimafreundlichen Energielösungen "made in Germany" aufbauen können

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