Zoom-Interview mit Benedikt Heid und Michael Keuthen von der Engelmann Sensor GmbH Bild vergrößern

Michael Keuthen (u. l.) und Benedikt Heid von der Engelmann Sensor GmbH im Online-Interview mit Veronika Hönes (o. l.) und Norma Kemper von der Geschäftsstelle der Exportinitiative Energie

© BMWi

Sie haben in diesem Jahr gleich an mehreren Online-Geschäftsreisen teilgenommen. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Benedikt Heid: Am Anfang war ich skeptisch, ob eine virtuelle Reise funktioniert, aber wir haben beschlossen, es einfach einmal auszuprobieren. Der Zeitaufwand für eine Online-Geschäftsreise ist geringer als für eine physische, zudem wurde das Format kostenfrei angeboten – eine ideale Gelegenheit. Bei meiner ersten Online-Geschäftsreise ging es um den Zielmarkt Indonesien. Das Ergebnis hat uns überrascht: Vor allem die direkten Match-Making-Gespräche waren sehr konzentriert und wurden von der Auslandshandelskammer hervorragend begleitet. Wir waren auf der Suche nach einem Händler, mit dem wir uns vor Ort etablieren können. Die AHK hat die Gespräche sehr zielgerichtet vorbereitet und die entsprechenden Gesprächspartner dafür ausgewählt. Die lokalen Unternehmen kannten unsere Bedürfnisse und wir wussten, dass unsere Gesprächspartner auch tatsächlich Interesse an unserer Tätigkeit und einer Zusammenarbeit haben. Die Termine haben jeweils zwischen 40 und 60 Minuten gedauert und waren auf den Punkt – mit sehr positiven Ergebnissen.

Sind die Online-Geschäftsreisen ein guter Ersatz für Präsenzveranstaltungen oder hatten Sie den Eindruck, dass Netzwerken und persönlicher Austausch gefehlt haben?

Michael Keuthen: Den persönlichen Kontakt braucht man natürlich unter allen Umständen. Wenn man mit einem Partner zusammenarbeiten und neue Märkte aufbauen möchte, will man die Leute natürlich auch einmal persönlich kennenlernen.

Benedikt Heid: Aber wir wissen jetzt schon vor einem Besuch vor Ort, mit wem wir uns treffen würden. Das ist der große Vorteil und ist bei einer normalen Geschäftsreise oft nicht der Fall. Aufgrund der aktuellen Situation ist allen Geschäftspartnern klar, dass ein persönliches Kennenlernen vor Ort derzeit nur schwer möglich ist. Deshalb liegt die Hürde für eine Zusammenarbeit derzeit etwas niedriger – obwohl man sich noch nicht kennt. Wir können dennoch Geschäfte entwickeln und sobald Reisen wieder möglich sind, werden wir die Partner auch physisch in der jeweiligen Region besuchen.

Michael Keuthen: Die Online-Durchführung ist eine sehr lösungsorientierte Methode, den ersten Schritt des Exportgeschäfts abzubilden. Man hat die Möglichkeit, in kondensierter Form viele verschiedene Märkte kennenzulernen, was sonst mit einer deutlich intensiveren Vorbereitung verbunden wäre – von der gezielten Auswahl der entsprechenden Partner bis hin zur Organisation und Vorbereitung der einzelnen Interviews. Es ist sehr effizient, da man sofort mit potenziellen Geschäftspartnern in den Austausch gehen kann, um festzustellen, ob die jeweiligen Interessen und Bedürfnisse zusammenpassen.

Benedikt Heid, Engelmann Sensor GmbH

Benedkit Heid, Vertriebsleiter der Engelmann Sensor GmbH

© Engelmann Sensor GmbH

Welchen Tipp würden Sie anderen Unternehmen geben, um das Beste aus dem Online-Format herauszuholen?

Benedikt Heid: Sparen Sie sich zu Beginn eine ausführliche allgemeine Präsentation Ihres Unternehmens. Zeigen Sie direkt, was Sie leisten können und welche Anwendungsmöglichkeiten und Lösungen Ihr Produkt konkret bietet. Man hat am Anfang nur wenige Minuten Zeit, sich vorzustellen. Dem möglichen Geschäftspartner geht es darum, gemeinsam mit Ihrem Unternehmen ein Geschäft zu generieren. Sie müssen also Ihr Produkt kennenlernen, um einschätzen zu können, ob es dafür einen Markt und Geschäftsmöglichkeiten gibt. Die allgemeine Vorstellung Ihres Unternehmens ist dabei erst einmal zweitranging und kann später noch erfolgen.

Haben sich aus Ihrer Teilnahme an den Online-Geschäftsreisen der Exportinitiative Energie schon konkrete Projekte ergeben?

Benedikt Heid: Unser Ziel bei all diesen virtuellen Delegationsreisen war es, lokale Geschäftspartner zu finden, die unsere Produkte und Lösungen in den Zielländern vermarkten können. Außerdem wollten wir auch Kunden direkt ansprechen, die Interesse daran haben, unsere Geräte einzubauen und zu nutzen. In den Märkten Honkong, Macau, Indonesien und Malaysia hatten wir bisher keine Geschäftsbeziehung und in all diesen Ländern haben wir durch die Exportinitiative Energie interessierte Partner gefunden. Es gibt dort noch keine verbrauchsbezogene Abrechnung, wie wir das vom Heizen in Deutschland kennen. Das verbrauchsorientierte Geschäftsmodell für Wärme- bzw. Kälteenergie muss sich in diesen Ländern erst noch etablieren, damit ein Markt entsteht. Dabei werden wir mit lokalen Partnern zusammenarbeiten, die sich vorstellen können, das Geschäftsmodell dort mit uns zu entwickeln. Ohne die virtuellen Geschäftsreisen hätten wir die Zielmärkte nicht in dieser Geschwindigkeit bearbeiten können.

Wie schätzen Sie weltweit die Marktsituation für Energieeffizienz-Technologien ein?

Michael Keuthen: Es gibt unterschiedliche Trends und man muss nach Regionen differenzieren. Insbesondere im europäischen Umfeld ist die Marktentwicklung stark durch die Energieeffizienzrichtlinie der Europäischen Union getrieben. Die gab es zwar auch schon vor zehn Jahren, durch die Umsetzung in nationales Recht entfaltet sie nun aber eine noch stärkere Wirkung.

Im internationalen Umfeld können wir insbesondere für unsere Aktivitäten in China sprechen. Der Fokus der chinesischen Regierung liegt in den nächsten Jahren stark auf Digitalisierung. Die Entwicklung im Bereich der Funk- und Fernauslesbarkeit wird - genau wie in der EU - in Richtung intelligente Zähler gehen. Dabei geht es auch um die Darstellung des Energieverbrauchsverhaltens: Verbraucher sollen schnell erkennen können, wie sich ihr Verhalten auf den Energieverbrauch auswirkt. Das könnte man vielleicht sogar mit CO2-Equivalenten in Verbindung bringen. Insbesondere die beiden Märkte Europa und China, in denen wir sehr aktiv sind, sind stark getrieben durch die Klimaveränderung.

Michael Keuthen, Engelmann Sensor GmbH

Michael Keuthen, Geschäftsführer der Engelmann Sensor GmbH

© Engelmann Sensor GmbH

Wie hat sich die Corona-Pandemie auf Ihre Exportaktivitäten ausgewirkt? Kommen Sie gut durch die Krise?

Michael Keuthen: In China hat sich die Pandemie sehr früh ausgewirkt, sodass es im Frühjahr eine starke Bremswirkung gab. Der Markt ist jedoch wieder auf dem Weg zur Normalität und es wird daran gearbeitet, die vorgesehenen Aktivitäten nachzuholen. In Europa haben wir das mit einem Quartal Verspätung erlebt. Wir sind im Bereich des Metering und des Sub-Metering in Regionen tätig, in denen es gesetzliche Regelungen gibt. Die Geräte müssen entsprechende Eichzyklen erfüllen und Unternehmen, die diese Geräte bei ihren Kunden einsetzen, sind verpflichtet sie zu tauschen, sobald das Eichende erreicht ist. Deshalb sind wir in der glücklichen Lage, dass Geschäftstätigkeiten, die aufgrund des Lockdowns nicht stattgefunden haben, nachgeholt werden.

Benedikt Heid: Geheizt und gekühlt wird immer - ob es nun gerade eine Pandemie gibt, oder nicht. Es gibt eine gesetzliche Grundlage, Messgeräte einzubauen oder auch auszutauschen, weil sie die Basis für die verbrauchsabhängige Abrechnung sind. Die Umsetzung dieser Regelung ist im europäischen Ausland allerdings unterschiedlich. Für uns sind durch die Pandemie aber auch neue Chancen entstanden. Im Februar waren wir zum Beispiel als Aussteller auf einer Messe in Moskau. In Russland werden viele Unternehmen mit chinesischen Produkten beliefert, das zeigte sich auch an der Größe des chinesischen Pavillons auf der Messe. Weil sich China aber gerade mitten im Lockdown befand, waren 50 Prozent der Aussteller nicht vor Ort. Dadurch hat sich für uns eine positive Geschäftsentwicklung in Russland und den osteuropäischen Ländern ergeben.

Michael Keuthen: Wir werden dieses Jahr weiterwachsen. Das hängt vor allem mit der Energieeffizienzrichtlinie der EU zusammen, die bis Oktober 2020 umgesetzt werden musste und zum Einbau von intelligenteren Zählern führt. Dadurch entsteht ein Sondereffekt im Gesamtmarkt.

Benedikt Heid: Unsere Geräte sind aus der Ferne ablesbar. Der manuelle Prozess, bei dem einmal jährlich jemand den Zählerstand in der Wohnung ablesen muss und daraus die Abrechnung erstellt, fällt weg. In diesem Hinblick hat die Pandemie unser Geschäft sogar beflügelt.

Michael Keuthen: Wenn sich eine Ablesung vor Ort aufgrund der Kontaktbeschränkungen schwierig gestaltet, müssen Sie sich überlegen, ob der Zähler nicht intelligenter ausgestattet werden könnte, sodass er die Daten versendet. Das ist im Rahmen der Digitalisierung der Energiewende auch gefordert. Insofern führt die Corona-Pandemie den Leuten auch in diesem Bereich die Vorteile der Digitalisierung vor Augen und das unterstützt unser Geschäftsmodell.

Inwiefern unterstützen Sie die Angebote der Exportinitiative Energie bei Ihrem Exportgeschäft?

Michael Keuthen: Mittelständischen Unternehmen fällt es manchmal schwer, Trendthemen, Entwicklungen und Potenziale in den unterschiedlichsten Märkten wahrzunehmen. Wenn es für die jeweiligen Länder und Regionen Ansprechpartner gibt, die sich in bestimmten Feldern und Märkten auskennen und genau solche gesetzlichen Entwicklungen dort beobachten und aufzeigen, ist das für uns natürlich ein echter Mehrwert. Durch die Bemühungen der Exportinitiative Energie werden wir auf mögliche Geschäftschancen aufmerksam gemacht und können uns mit Technologie- und Lösungsangeboten ganz anders positionieren. Es ist dann kein Zufall, sondern wir können die Märkte direkt adressieren.