Stefan Liesner, Leiter Marketing und Public Affairs, 2G Energy

© Stefan Liesner

2G hat in den letzten 12 Jahren an vielen verschiedenen Maßnahmen der Exportinitiative Energie teilgenommen. Woran liegt das?

Wir haben ursprünglich mal angefangen im Bereich Biogas. Blockheizkraftwerke (BHKW) produzieren - vereinfacht gesagt - aus gasförmigen Brennstoffen Strom und Wärme. Die Biogas Branche in Deutschland hatte seinerzeit einen Boom und es entstanden deutschlandweit viele Neuanlagen. Aber auch damals war uns als Unternehmen schon klar, es wird nicht unendlich viele Biogasanlagen in Deutschland geben, in denen unsere BHKW verbaut werden. Man muss sich breiter aufstellen sowohl was die Produktpalette als auch die Absatzmärkte betrifft.

Auch die Industrie oder Energieversorger kommen als Kunden für BHKW in Frage. Diese Anlagen wurden dann zum Teil mit Erdgas betrieben, wobei auch hier von Beginn an klar war, dass dies aufgrund der CO2 Emissionen endlich sein wird. Wir haben uns deshalb immer mit unterschiedlichen Gasarten beschäftigt und wie wir diese energetisch in unseren Produkten nutzbar machen können. Und so kamen wir bereits in 2014 dazu, unser erstes Wasserstoff BHKW zu installieren, was uns einen gewissen Entwicklungsvorsprung gegenüber dem Wettbewerb verschafft hat. Mittlerweile laufen 30 unserer Anlagen weltweit mit Wasserstoff und sind serienmäßig verfügbar.

Am Anfang, wenn man als kleines Unternehmen ins Ausland will, greift man nach allen Strohhalmen, die da sind. Die Exportinitiative Energie ist dabei ein schönes Mittel, um im Exportgeschäft Fuß zu fassen. Und bis heute hat sich aus diesen Maßnahmen so einiges entwickelt - Partnerschaften mit Unternehmen vor Ort etc.

Welche spannenden Projekte sind mit einem Anstoß durch die Exportinitiative Energie bisher entstanden?

In Japan, und generell Asien, sind wir auch in Folge der Exportinitiative und den diversen Veranstaltungen inzwischen stark vertreten. Dazu hat zum Beispiel beigetragen, dass wir 2019 unter dem German Pavillon an der Fuel Cell Expo teilgenommen haben, die u.a. auch von der Energieagentur NRW und dem BMWK unterstützt wurde. Dort sind wir mit Ansprechpersonen von Toyota in Kontakt gekommen. BHKW-Technologie war dort zwar bekannt, aber nicht, dass Wasserstoff in den Anlagen nutzbar ist. Im Zuge ihrer Nachhaltigkeitsbemühungen haben sie dann viele verschiedene technische Optionen durchgespielt, eins davon war unser BHKW. Und das war der Startschuss für eine bis heute andauernde Zusammenarbeit.

Darüber hinaus haben wir zum Beispiel auch sehr viele Projekte in Polen und im Baltikum realisieren dürfen. Die einzelnen Projekte sind vielleicht nicht so spektakulär, aber viele der Leads und Kontakte dort haben sich im Rahmen von Energie-Geschäftsreisen ergeben.
In 2019 haben wir außerdem an einer Konsortialreise nach Brasilien teilgenommen. Bis heute konnten wir in Brasilien ehrlicherweise nie wirklich Fuß fassen. Aber die Herangehensweise der Konsortialbildung fanden wir super: Jeder spricht im Energiebereich von Sektorenkopplung und davon "alles zusammenzudenken" und genau das macht man im Rahmen dieser Maßnahme.

Aktuell nehmen Sie auch mit einem Projekt am Renewable-Energy-Solutions-Programm (RES-Programm) teil?

Es handelt sich um ein innovatives Wasserstoff-Projekt am Kirkwall Airport auf Orkney Island in Schottland, der sich zum Ziel gesetzt hat, bis 2035 komplett klimaneutral zu sein. Dort gibt es ein Gezeitenkraftwerk, das grünen Wasserstoff produziert. Wir haben dort ein Wasserstoff BHKW gebaut, das überschüssigen Wasserstoff in Strom und Wärme umwandelt.

Die Marketingmaßnahmen im Rahmen des Programms sind jetzt gerade in den letzten Zügen. Die Grundidee eines RES-Projekts ist ja meistens, das Projekt zu nutzen, um damit die Vertriebs- und Marketingaktivitäten im Land zu unterstützen. Wir wollen aber CO2 einsparen und nicht zusätzliche Emissionen verursachen, indem alle dorthin reisen. In Abstimmung mit den Kolleginnen und Kollegen der Deutschen Energie Agentur (dena) haben wir uns deshalb für eine andere Art der Promotion entschieden: Ein baugleiches Wasserstoff BHKW wurde auf einen Anhänger gepackt und zwei Wochen mit zehn Stopps durch Großbritannien gefahren. Wir sind gestartet auf der All-Energy Expo in Glasgow und vor Westminster Abbey in London war dann die Endstation.

Während dieser Tour sind Videos der verschiedenen Stationen entstanden, die wir dann über Newsletter, Pressearbeit und Social Media verbreiten konnten. Das war eine richtig coole Geschichte, Branding pur. Im Endeffekt sind wir mit den 65.000 €, die wir im Zuge der Programmteilnahme erhalten haben, nicht komplett ausgekommen – allerdings hätte es diese äußerst erfolgreiche Maßnahme ohne den Anstoß aus dem RES-Programm nicht gegeben. Im November 2023 konnten wir zum separat organisierten Abschlussevent des Projektes im Rahmen der Messe EMEX in London sogar den deutschen Botschafter Miguel Berger begrüßen.

Interessant ist, egal wo wir hinkamen, die Reaktion war eigentlich überall die gleiche: „BHKW kenne ich, aber dass man dafür Wasserstoff nutzen kann, war mir nicht bewusst.“

Wenn man Wasserstoff hört, dann denken viele Leute direkt an Brennstoffzellen.

Die Brennstoffzelle ist eine tolle Technologie, aber eine Brennstoffzelle mag es technisch gesehen eher weniger gern, wenn sie zu flexibel betrieben wird. Aber genau das ist es, was in vielen Fällen gebraucht wird: Eine flexible Überbrückung des steigenden Strombedarfs in Zeiten, in denen die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. Da braucht man letztendlich Technik, die beispielsweise mal für drei Stunden zugeschaltet, dann vielleicht einige Tage ruht und dann wieder drei Wochen auf Volllast laufen kann.

Ein nicht unwesentlicher Unterschied ist auch, dass eine Brennstoffzelle einen sehr hohen Reinheitsgrad von Wasserstoff benötigt. Wir haben zum Beispiel ein Projekt, bei dem Abfall-Wasserstoff aus der Halbleiterindustrie verwendet wird. Dieser Wasserstoff, der bei der Produktion in den Reinigungsprozessen entsteht, ist einfach total „schmutziges Zeug“. Ein BHKW kann auch diesen nutzen, da es der Hubkolbenantrieb hier wesentlich mehr verzeiht. Auch bei Biogasanlagen ist die Qualität sehr unterschiedlich und oftmals nicht sehr hoch, sodass Zusatzkomponenten wie Entschwefelung, Gasreinigung etc. mit projektiert werden. Genau das ist es, worin wir jahrzehntelange Erfahrung haben – und durch die Tour in England konnten wir den Leuten das aufzeigen.

Am Ende des Tages kommt es aber immer auf den jeweiligen Einsatzbereich und die Rahmenbedingungen eines Projektes an. Hier unterscheidet sich z.B. ein Projekt in einem Hotel stark von dem eines kommunalen Versorgers mit angeschlossenem Wärmenetz. Um die Energiewende erfolgreich umzusetzen, braucht es am Ende beides: Brennstoffzellen UND klassisch motorische KWK-Anlagen.

Welche Erfahrungen haben Sie aus den letzten Jahren im Auslandsgeschäft gezogen?

Mit zunehmender Erfahrung mit Geschäftsreisen lernt man, nicht mehr bei der erstbesten Gelegenheit mitzufahren, sondern auf spezifische Themen in ausgewählten Märkten zu setzen. Mittlerweile ist unsere Exporterfahrung so weit, dass wir wissen, welche Märkte für uns interessant sind: Was macht der Wettbewerb? Wie sind die Gaspreise da? Wo liegen die Strompreise? Wie ist die Verfügbarkeit von Biogas? etc. Man lernt zu selektieren und die Möglichkeiten besser für sich zu nutzen.

Insbesondere während der Corona-Zeit haben wir zudem unser Marketing bzw. Vertrieb innovativ weiterentwickelt. Eine Erfolgsgeschichte daraus sind virtuelle Unternehmensführungen. Es fing damit an, dass der Besuch von australischen Kunden in Folge der Pandemie abgesagt werden musste. Und daraus ist eine ziemlich große digitale Veranstaltung entstanden, einmal für die östliche Halbkugel und Australien und dann nochmal für die westliche. Mit jeweils über 200 Leuten aus verschiedensten Ländern. Teilweise haben Partner in Japan und Taiwan daraus sogar Public Viewing Events in ihren Büros gemacht. Wir haben das Ganze inzwischen noch einmal in neun Sequenzen abgedreht und stellen die Tour dauerhaft über die sozialen Medien bzw. unserem YouTube Channel zur Verfügung. Besonders von ausländischen Kunden und Partnern wird diese Möglichkeit gerne genutzt, um den Reiseaufwand zu minimieren.

Welche Unterstützung aus der Exportinitiative Energie nützt 2G am meisten?

Was wir an der Exportinitiative Energie besonders schätzen ist, dass der deutsche Ministeriums-Stempel, den man durch die Teilnahme trägt, einfach eine Eintrittskarte ist. Ganz konkret gibt es in Korea zum Beispiel die Korea Energy Consulting Corporation, die viele Energie Projekte plant. Wir haben über viele Jahre immer wieder versucht, Kontakt zu dieser Organisation aufzunehmen. Im Rahmen von Energie-Geschäftsreisen ist es uns dann gelungen. Man kann also sagen: Wenn man Huckepack bei der Exportinitiative mit dabei ist, dann wird mit einem gesprochen. Also um es kurz zu machen: Es öffnet einfach Türen.

Und auf der anderen Seite sind die anderen teilnehmenden Unternehmen meistens ebenfalls innovativ. Also hat es auch schon Fälle gegeben, dass man auf einer Reise Leute kennengelernt hat von anderen deutschen Unternehmen, mit denen man auch kooperieren konnte – fernab vom gemeinsam bereisten Zielland.

Welche Empfehlungen können Sie kleinen und mittelständischen Unternehmen, die einen Markteintritt im Ausland planen, geben?

Ich denke, man muss sich vor Augen halten, die Maßnahmen der Exportinitiative sind eine Eintrittskarte und ein Angebot zur Netzwerk Erweiterung, aber den Ball muss am Ende das jeweilige Unternehmen selbst ins Tor schießen. Und dafür muss ich wirklich dranbleiben, auch über einen längeren Zeitraum. Bei Toyota ging das bei uns beispielsweise über eineinhalb Jahre. Das geht vom persönlichen Nachfassen per Mail oder Telefon über die Aufnahme in Unternehmensnewsletter bis hin zur Vernetzung in sozialen Medien. Bei diesen Dingen kann die Exportinitiative im Nachgang nicht mehr helfen.

Wichtig ist auch, dass Unternehmen wirklich genau definieren, was sie mit der Teilnahme an einer Maßnahme erreichen wollen: Will ich einen Distributionskanal aufbauen? Will ich mich einfach nur mal umhören im Markt oder suche ich Vertriebspartner? Will ich wissen, wie die Endkunden ticken? Oder will ich eigentlich Kundenpflege betreiben? In jedem Fall sollte man die kurzfristigen Erwartungen nicht zu hoch ansetzen - gerade wie bei uns im Investitionsgüter Bereich. Bleiben Sie dran.