Interview mit Anna Kim, Projektmanagerin der AHK Zentralasien

Interview mit Anna Kim, Projektmanagerin der AHK Zentralasien

Usbekistan bemüht sich aktuell stark um ausländische Direktinvestitionen über Public-private-partnerships (PPA) und schreibt große Projekte aus.

Ja, zurzeit sind viele große Projekte geplant – z.B. Windkraftanlagen mit großen Erzeugungskapazitäten wie 500 Megawatt, 1 Gigawatt.
In diesem Jahr werden mindestens vier Gigawatt neue Kapazitäten in Betrieb genommen und das zeugt auch von der rasanten Entwicklung des Marktes. Und bis 2030 müssen eigentlich acht Gigawatt neue Kapazitäten in Betrieb genommen, jeweils vier Gigawatt Solar und vier Gigawatt Wind. Und zurzeit werden auch weitere Ausschreibungen für neue Projekte durch das Energieministerium organisiert. Sie finden Ausschreibungen mit Unterstützung internationaler Finanzinstitutionen statt. Die Informationen zu den Ausschreibungen werden normalerweise auf der Webseite des Ministeriums veröffentlicht, alle Nachrichten sind auch in englischer Sprache verfügbar. Also ich denke, hier ergeben sich auch zahlreiche Chancen für deutsche Unternehmen.

Wie können sich deutsche Unternehmen hier einbringen?

Die meisten Unternehmen, die auf dem Markt aktiv sind, sind Projektentwickler. Sie stellen keine Ausrüstung her. Das heißt, deutsche Technologien kommen als Zulieferung in Frage.
Noch mehr Chancen ergeben sich aber in kleinen Projekten. Vor kurzem wurde angekündigt, dass dieses Jahr ungefähr 1,7 Gigawatt an kleinen Solarkraft-Anlagen installiert werden - bei sozialen und staatlichen Einrichtungen. Dafür wurde einem neugegründeten Unternehmen namens „Grüne Energie“ viel Geld vom Staat zur Verfügung gestellt.
Ebenso im Bereich Speichertechnologien: Ab dem 1. Januar 2024 müssen alle Projekte im Bereich Wind- und Solarkraft zwingend zusammen mit einem Energiespeicher System installiert werden. Aber bisher gibt es noch keine Projekte mit Energiespeicher-Systemen und es gibt in Usbekistan auch keine Unternehmen, die diese Technologien herstellen. Deshalb ist die Nachfrage zurzeit groß.

Gibt es spezifische Tipps für den Markteinstieg?

Es ist sehr wichtig, nach Usbekistan zu reisen, wenn man dort Geschäfte machen möchte. Für alle zentralasiatischen Länder ist Präsenz vor Ort essentiell. Wenn Ihr Interesse geweckt wurde, wenden Sie sich am besten direkt an uns, die Delegation der Deutschen Wirtschaft für Zentralasien (AHK).

Um vor Ort Präsenz zu zeigen bietet die anstehende Energie-Geschäftsreise Gelegenheit. Unternehmen mit welchen Technologieschwerpunkten können mitreisen?

Die Reise fokussiert sich auf Stromerzeugung aus Erneuerbaren. Damit meinen wir in erster Linie natürlich Solar und Wind. Aber auch beispielsweise Bioenergie könnte zukünftig ein Thema werden. Wir wissen, dass das Potenzial theoretisch hoch ist, weil das Land viel Landwirtschaft betreibt, aber leider haben wir bisher kaum Erfahrung mit Bioenergie gemacht.
Für Solarenergie besteht großes natürliches Potential. Laut einer Weltbankstudie beträgt das jährliche Potenzial 51 Milliarden Tonnen Öläquivalent. Entsprechend hoch ist auch die Nachfrage auf dem heimischen Markt. In Usbekistan gibt es aber keine Unternehmen, die Solar-Anlagen herstellen. Die meisten Ausrüstungsteile müssen importiert werden.

In welchen Bereichen besteht außerdem Potenzial?

Die gesamte Energieinfrastruktur muss modernisiert werden, weil sie noch aus Sowjetzeiten stammt. Der Modernisierungsbedarf beträgt etwa 25 bis 35 Millionen US Dollar. Außerdem entwickelt sich ein Trend hin zu Elektro-Fahrzeugen. Allerdings gibt es bislang keinerlei Ladeinfrastruktur.
Energieeffizienz in Industrie und Gebäuden wird enorm wichtig. Die meisten Gebäude und Industrieanlagen entsprechen bislang keinen Standards und Normen der Energieeffizienz. Das ist auch ein weiteres Thema, in das deutsche Unternehmen in Zukunft sehr gut einsteigen können. Viele staatliche Einrichtungen und Industrieunternehmen werden jetzt zunächst mit PV-Anlagen und Warmwasser Kollektoren ausgerüstet. Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Zusammengefasst: Warum sollten die deutschen Unternehmen unbedingt den usbekischen Markt im Blick haben?

Der Markt ist ganz neu und es gibt Raum für Dialog zwischen Usbekistan und Deutschland. Regelmäßig finden verschiedene Treffen zwischen dem jungen usbekischen Energieministerium und ausländischen Unternehmen aus dem Energiebereich statt und es werden Abkommen über Zusammenarbeit unterzeichnet.
Das heißt jetzt besteht die Chance, die Zukunft des usbekischen Energiemarktes mitzugestalten und sich als deutsches Unternehmen gut zu positionieren.